Welches Verhältnis haben die Tarifexpert:innen zu Medien und Journalist:innen?

„Ich erwarte eigentlich von einer aufgeklärten Presse, einem guten Journalisten, dass er in der Lage ist, die Folgewirkung beidseitiger Forderung zu analysieren und mit einer eigenen Wertung zu versehen. Das wird seltener, sage ich mal (…). Die Qualität sinkt. Das Hinterfragen sowieso und man glaubt einfach Äußerungen, statt auch mal die Fakten zu hinterfragen und zu sagen: Stimmt das überhaupt so?“ (Verhandlungsexperte/in auf Arbeitgeberseite)

 

„Der schreibt immer Top-Kommentare zu sozialpolitischen und tarifpolitischen Themen. (...), weil der vertritt eigene Meinungen. Und das ist für uns teilweise auch wirklich interessant und gut.“ (Verhandlungsexperte/in auf Arbeitgeberseite)

 

Das Gros der journalistischen Berichterstattung über Tarifverhandlungen wird als mittelmäßig bewertet. Einige wenige Journalist:innen genießen jedoch sehr hohes Ansehen unter Tarifexpert:innen, ihre Beiträge werden als Bereicherung des öffentlichen Diskurses angesehen. Obgleich informelle Anlässe zum Austausch – zum Beispiel im Rahmen von Hintergrundgesprächen – gepflegt werden, ist das Verhältnis der Tarifexpert:innen zu Journalist:innen insgesamt eher distanziert.


Nur wenige Journalist:innen, nämlich solche, denen der Status von „Expert:innen für die Tarifpolitik“ zugesprochen wird, genießen hohes Ansehen unter den Tarifpartner:innen. Ihnen könne man nichts vormachen. Aber nicht nur das: Sie würden durch ihre Expertise den öffentlichen Diskurs zur Tarifpolitik wesentlich bereichern. Das Gros der Journalist:innen hat unter den Tarifexpert:innen allerdings keinen allzu guten Ruf. Grund ist zum einen, dass die Qualität der Berichterstattung über Tarifverhandlungen im Schnitt bestenfalls als moderat erachtet wird. Zum anderen halten Tarifexpert:innen Journalist:innen aus Mangel an Expertise und/oder Ressourcen für beeinflussbar.

Das Verhältnis der Tarifexpert:innen zum Gros der Journalist:innen ist folglich durch eine professionelle Distanz charakterisiert. Denn obwohl informelle Anlässe zum Austausch gepflegt werden und man sich gut kennt, gilt es Abstand zu wahren. Wird die eigene Position gegenüber den Journalist:innen bzw. Medien als überlegen wahrgenommen, ist die Bereitschaft seitens der Tarifexpert:innen höher, Informationen an Journalist:innen weiterzugeben. Wenn die eigene Position als geschwächt wahrgenommen wird, werden Informationen weniger bereitwillig an Journalist:innen weitergegeben. Das Gefühl von Unter- bzw. Überlegenheit gründet beispielweise in den Ressourcen, die der eigenen Kommunikationsabteilung zur Verfügung stehen, oder aber darin, für wie kompetent die Journalist:innen gehalten werden. Vor allem Journalist:innen mit Expertise müsse man eine gut durchdeklinierte Argumentation liefern können, sonst läuft man Gefahr, dass diese öffentlich kritisiert wird.

Soziale Medien wie Facebook und Twitter spielten für Verhandlungs- und PR-Expert:innen bisher eher eine untergeordnete Rolle. Nach und nach würden sie jedoch immer wichtiger. Sie dienen einerseits als Stimmungsbarometer. Anderseits versucht man, über soziale Medien die eigenen Mitglieder zu adressieren. Hierin ruhen auch die Hoffnungen der Verhandlungs- und PR-Experten:innen: Die soziale Medien in Zukunft mehr und mehr als eigenen Kanal nutzen zu können, um die Schranken der klassischen Massenmedien zu umgehen. Die dort vorherrschende Empörungskultur ist aber ein Grund, warum diese Kanäle bislang nur nachrangig bedient werden.

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